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63 – Ohne Gebrüll   1 comment

Sie griffen an. Ohne Gebrüll. Und ohne Eile. Das Schweigen der Angreifer ließ sie noch schrecklicher erscheinen. Die Ruhe, mit der sie sich näherten, strahlte die Macht absoluter Überlegenheit aus. Zu Recht. Tom und seine zwei Begleiterinnen hätten vermutlich selbst dann keine Chance gegen diese Übermacht gehabt, wären sie bis an die Zähne mit Schusswaffen ausgestattet gewesen. Er schätzte, dass jeder von ihnen es mit mindestens 30 Gegnern zu tun hätte, falls diese überhaupt alle zum Zuge kämen. Wie lächerlich kam er sich vor, jetzt, da er sich vor Mona und Lisa aufbaute, als könne er sie in dieser Weise beschützen.

59 – Zur Stätte   1 comment

Die Stätte von Lednah. Tom wiederholte den Namen, den Mona genannt hatte, in Gedanken ein paar Mal. Ein Ziel, das sie erreichen mussten, wollten sie überleben. Lisa, die erneut vor ihm ging, drehte sich immer wieder um. Sinnlos. Ihre Verfolger verstanden es, sich zu tarnen. Nicht einmal der Schatten eines Schattens war im Urwald links und rechts des Weges zu erhaschen. Dabei hatte Tom den Eindruck, dass die Reldnah es durchaus darauf anlegten, ihre Präsenz spürbar zu machen. So wuchs der Druck, keinen Fehler zu begehen. Er konnte nur hoffen, dass Mona ihre Hausaufgaben wirklich gut gemacht hatte. Sollten sie vom direkten Weg zur Stätte abkommen, würden sie zu Freiwild werden. Dann würden dieselben Waffen, die sie sich von den Reldnah erhofften, um ihr Leben zu verteidigen, ihren Tod bedeuten.

57 – Abenteuer   Leave a comment

Tom hatte erstaunlich gut geschlafen. Kurz, aber gut. Selbst in den Nächten war es hier recht warm zu dieser Jahreszeit, welche auch immer das sein mochte. Er schaute auf seine Armbanduhr. Richtig. Da war keine mehr. Er konnte sich einfach nicht daran gewöhnen. Seit sie hier angekommen waren, trug er nur noch seine Kleidung. Keine Uhr, keine Brieftasche, kein Handy. Beinahe ein Wunder, dass sie nicht splitterfasernackt in Redna erwacht waren. Er grinste. Er hätte Lisa gern mal wieder nackt gesehen. Und Mona? Ihr Anblick hätte ihn noch mehr interessiert. Vielleicht auch spärlich mit steinzeitlichen Fellen behängt.

Er warf einen Blick in die Höhle. Die beiden Frauen schliefen so weit voneinander entfernt, wie es der kleine Raum zuließ. Lisa in unruhigen Träumen, Mona, seit er die Wache von ihr übernommen hatte, tief und fest. Er musste sich eingestehen, dass ihm dieses Abenteuer inzwischen weit weniger missfiel als seiner Ex. Das lag keineswegs an seinen beiden Begleiterinnen. Nicht ausschließlich jedenfalls. Jetzt, da sie sich durch die Wildnis Rednas schlugen, erinnerte es ihn an seine Jugend auf dem Land. Mit seinen Freunden hatte er die wildesten Quests in den Wäldern rund um das Dorf bestanden. In ihrer Fantasie war die Landschaft damals ebenso urwüchsig gewesen, wie sich ihm heute Redna präsentierte. Es war als …

Hatte er da gerade ein Geräusch gehört? Angestrengt schaute er in die Büsche, die den schmalen Weg vor der Höhle säumten und im Morgengrauen wie knorrige Gestalten wirkten. Sicher nur ein Tier. Jetzt jedenfalls hörte er nichts mehr. Dennoch fröstelte ihn jetzt.

55 – In der Mitte   Leave a comment

Lisa trottete Mona hinterher. Sie wäre am liebsten in dieser verdammten Höhle sitzen geblieben, in der sie wieder zu sich gekommen waren. Tom, dessen stampfenden Schritte ihr einen monotonen Rückhalt gaben, hatte eine ganze Weile auf sie eingeredet, dann war ihre ätzende Führerin dazwischen gegangen und hatte rumgezickt. „Soll sie doch bleiben, wo sie ist“, hatte sie gesagt. „Es wird sich schon irgendjemand oder irgendetwas um sie kümmern.“
Sie hasste diese Frau.

Tom dagegen schien es Mona nicht einmal übelzunehmen, dass sie sie in dieses verflixte Land geschleppt hatte. Redan oder wie immer es hieß. Sie drehte sich im Laufen um. Der hatte echt einen Knall. Der lief durch die Landschaft, als wären sie auf einer Urlaubssafari. Gut, anfangs hatte sie auch gestaunt. Das Grün hoher Gräser, das den schmalen Weg säumte, erhielt verschiedenste Farbtupfer durch seltsam geformte Blüten. Ab und an konnte man einen Blick in tiefer gelegene Regionen werfen. Dort erstreckte sich offenbar ein Wald, die Kronen der Bäume von bläulichen Nebeln umflossen. Das sah schon alles toll aus und man kam sich tatsächlich vor, als streife man durch unbewohnte Gegenden Afrikas. Oder vielleicht Südamerikas. Sie war da nicht so bewandert. Aber in ihrer Situation konnte sie dem auf Dauer wenig abgewinnen. Vor allem, weil sie schon seit Stunden durch diese Gegend liefen. Immerhin ging es bergab.

„Kennst du dich hier aus?“ Hoffentlich blieb Mona stehen, um die Frage zu beantworten.
„Nein.“ Sie lief nicht einmal langsamer.
„Wo wollen wir dann eigentlich hin?“
„Wir brauchen Waffen.“
„Waffen? Wozu brauchen wir Waffen?“ Lisas Herz klopfte gleich ein bisschen schneller.
„Weil wir keine haben.“
Tolle Antwort. Mit dieser Person wollte sie nicht einmal in einem gemütlichen Café zusammen am Tisch sitzen. Wie lange würde sie sie wohl noch ertragen müssen? „Du hattest doch eine Pistole.“
„Man kann keine Waffen mit nach Redna bringen.“
Der anhaltende Ärger über diese Person machte es ihr nicht leicht, sich auf den Kern der Sache zu fokussieren. Sie hatte Hunger, die Füße taten ihr weh und nun schien nichts dringlicher, als sich zu bewaffnen? „Sind wir denn hier in solcher Gefahr? Ich dachte, du wolltest uns in Sicherheit bringen. Wozu also die Waffen?“
Mona antwortete nicht. Tom sprang für sie ein: „Wahrscheinlich für den Fall, dass Boss und ihre Männer uns folgen.“
Lisa wartete noch einen Moment. Nicht mal zu einem Nicken oder Kopfschütteln bequemte sich diese Frau. „Hey!“ Sie stieß Mona in den Rücken. „Ist das so?“
Mona blieb nicht stehen. „Boss ist erst einmal unser kleinstes Problem.“

53 – Verlust und Gewinn   5 comments

Tom schaute zu Lisa. Das Energiebündel, das er eben noch kaum hatte zurückhalten können, keinen Mord zu begehen, saß jetzt in sich zusammengesunken in einem dunklen Winkel der Höhle. Nie zuvor hatte Tom ein Bild solcher Hoffnungslosigkeit gesehen.

Er schüttelte sich und wandte sich Mona zu. „Nur, um das noch einmal zusammenzufassen: Um wieder in unsere Welt zu kommen, brauchen wir die Kräfte von Tsieg und Nomad.“
Die Kopfbewegung Monas sollte wohl Zustimmung bedeuten.
„Und Nomad ist in Besitz vom Geisterorden, genauer gesagt von Boss.“
Wieder ein leichtes Nicken.
„Wir müssen also darauf hoffen, dass sie uns folgt und hier wieder mit uns zusammentrifft?“ Diesmal wartete er Monas Reaktion nicht ab. „Was haben wir damit gewonnen, außer einen Ort, an dem keiner von uns sein will und der uns zum lebenslangen Gefängnis werden kann?“
„Zeit.“

52 – Kurz angebunden   Leave a comment

Lisa stand kurz vor der Explosion. Tom griff nach ihrer Hand. Sie schnaubte, riss sich los und begann, auf und ab zu marschieren.
Er wandte sich an Mona. „Also, wo sind wir?“
„Redna.“
„Nie gehört.“
„Das wundert mich nicht.“
„Geht es vielleicht etwas ausführlicher?“, schrie Lisa dazwischen.
„Redna ist der Name für eine Parallelwelt.“
„Was erzählt die da für eine Scheiße?“
„Ich muss Lisa recht geben, das klingt ziemlich verrückt.“
„Findest du?“, fragte Mona schnippisch. „Und wie du hierhergekommen bist, ist für dich ganz normal?“
„Wie sind wir hierhergekommen?“
„Tsieg hat uns gebracht.“
„So, so!“ Lisa stand mit drei Schritten Mona direkt gegenüber. Tom konnte sie nicht mehr zurückhalten. Überraschenderweise blieb Mona ganz ruhig.
„Du glaubst auch, du kannst mich verarschen!“ Lisa war zur Furie geworden. „Hör zu! Mir ist scheißegal, wie du uns hergebracht hast! Genauso egal ist mir, wo wir hier sind! Aber jetzt sorgst du dafür, dass wir wieder nach Hause kommen!“
„Du solltest froh sein, dass du noch lebst.“
„Leck mich! Ich will nach Hause!“
Mona wandte sich ab, als ginge sie das alles nichts an. „Das geht nicht.“
„Wie bitte?“
„Tsieg allein kann uns nicht zurückbringen.“

50 – Hand in Hand   Leave a comment

„Runter!“, schrie Mona und warf sich hinter den Tisch.
Tom zog Lisa mit sich. Noch im Fallen bemerkte er, wie Mona Tsieg schnappte und in ihrer Jacke verschwinden ließ. „Sie haben Verstärkung bekommen“, flüsterte er ihr zu.
Mona nickte und kontrollierte ihre Waffe.
„Haben wir euch!“ Die Stimme von Boss.
Die Bäckersfrau kreischte. Ein Schuss fiel. Das Kreischen hörte auf. Dumpf schlug der Körper auf den Fußboden. Jetzt schrie Lisa. Tom hielt ihr die Hand vor den Mund.
„Ihr habt keine Chance! Gebt das Artefakt heraus und ihr seid uns los!“
Mona stieß ihn an. Sie hielt den Finger vor den Mund. Dann streckte sie ihre Hand aus. Was sollte das? Das passte gar nicht zu ihr. Er zögerte. Energisch wiederholte sie die Geste. Er gab ihr die Rechte, hielt mit der anderen weiter Lisa umklammert.
„Wirf die Waffe weg! Dann kommt ihr alle mit erhobenen Händen raus! Sonst holen wir euch!“
Tom sah es jetzt erst: Mona hielt Tsieg in der freien Hand. Sie streichelte die Figur mit dem Daumen. Und sie murmelte irgendetwas. Ihr Griff wurde fester, als wolle sie um jeden Preis verhindern, dass Tom sie losließ. Was war mit ihr? Angst konnte es nicht sein. Nicht bei Mona. Auch wirkte sie vollkommen ruhig, beinahe weggetreten. Ihre andere Hand schimmerte. Nein, nicht die Hand – Tsieg! Wie war das möglich? Eine Holzfigur! Sie schimmerte. Flimmerte. Nicht nur Tsieg, alles um ihn herum. Sterne tanzten. Immer schneller, immer wilder, bis einer nach dem anderen erlosch. Dann war es dunkel!

49 – Drehen und wenden   Leave a comment

Mona sonderte ihre Ungeduld aus allen Poren ab. Selbst Lisa musste sie bemerken. Doch sie schien die Agentin immer noch zu unterschätzen. Stoisch umklammerte sie die blöde Holzfigur. Tom hatte den Unterton in Monas Stimme nicht überhört, als sie „Okay“ sagte. Das war kein Einlenken gewesen. Schützend stellte er sich vor Lisa.
„Geh mir aus dem Weg!“, zischte Mona.
„Sag ihr, worum es geht, dann gibt sie dir das Ding.“
Lisa stand auf, stellte sich neben ihn. Den Blick, mit dem sie ihre Gegnerin anschaute, kannte er. Er hätte an Monas Stelle den Schwanz eingezogen.
„Keine Zeit“, antwortete die nur und zog ihre Waffe. „Stell die Figur auf den Tisch!“
Lisas Kampfesmut war gebrochen. Sie warf das Objekt der Begierde auf den Tisch. Tsieg drehte sich einen Moment und blieb dann liegen. Unscheinbar und hässlich wie er eben war.
Mona ließ sie nicht aus den Augen. Sicherlich eine übertriebene Vorsicht. Routine vielleicht. Langsam näherte sie sich der Figur.
Die Tür der Bäckerei wurde aufgestoßen. Tom erkannte Boss sofort.

47 – Verhandlung um den Weltfrieden   Leave a comment

Mona nahm einen Schluck von dem Kaffee. Sie war mit ihrer Geduld am Ende. Als Tom sein Handy endlich zur Seite legte, flüsterte sie ihm zu: „Deine Ex muss Tsieg herausgeben!“
„Sag es ihr selbst!“, flüsterte Tom zurück und biss in sein Brötchen.
Mona ballte die Faust. Sie versuchte sich zu beruhigen. Die kleine Cafeteria war an eine Bäckerei angeschlossen. Zwar waren sie die einzigen Gäste, die einen der wenigen Tische besetzten, doch ständig kamen Kunden herein, um sich bei der molligen Verkäuferin mit Brötchen zu versorgen. Wollte Mona nicht auffallen, musste sie sich auf eine wahrscheinlich langwierige Diskussion einlassen. Damit aber sollte sie so früh wie möglich beginnen.

Sie berührte Lisa, die noch immer mit irgendeiner Doreen von ihrer Arbeitsstelle quatschte, am Arm. Lisa reagierte verärgert und bedeutete Mona, sie möge gefälligst warten. Sie war Verkäuferin in einem Supermarkt und tat gerade so, als würde sie über den Weltfrieden verhandeln. Mit einer schnellen Bewegung entwand Mona ihr das Handy und unterbrach die Verbindung.
„Was soll das?“ Noch zeigte Lisas Gesichtsausdruck Überraschung, doch die verwandelte sich zunehmend in Wut.
„Geben Sie mir Tsieg, dann können Sie telefonieren, so viel Sie wollen.“
„Ich denke gar nicht daran! Er gehört mir! Tom hat ihn mir geschenkt.“
„Glauben Sie mir, Sie werden ihn sowieso nicht behalten. Besser, Sie geben ihn mir freiwillig. Die anderen fragen nicht so höflich, wie Sie bemerkt haben dürften.“
Lisa wurde blass. Endlich schien Sie vernünftig zu werden. Zögerlich begann sie einzulenken: „Gut, vielleicht gebe ich ihn Ihnen. Aber nur, wenn Sie mir eine Erklärung liefern, was hier eigentlich los ist. Warum sind alle so scharf auf Tsieg?“
„Das wollen Sie nicht wissen!“
„Doch! Also?“
„Okay.“ Mona seufzte.

 

46 – Keine Zeit zum Streicheln   Leave a comment

Tom spürte, wie Lisa zusammenzuckte, als die Gangster ihre Tür eintraten. Gerade noch rechtzeitig presste er ihr seine freie Hand auf den Mund. Er nahm sich vor, ihr beruhigend über die Wange zu streicheln, doch dazu blieb keine Zeit mehr. Mona zerrte an seinem Arm. So geräuschlos wie möglich stand er auf, wartete auf Lisa, schob sie vor sich her und folgte dann den beiden Frauen. Erst auf der Straße wagte er wieder zu atmen.